Fragt man Romain Dumas, womit er sich außerhalb des Cockpits eines Rennautos beschäftigt, muss er erst einen Moment nachdenken. Schließlich verbringt der Franzose die meiste Zeit seines Lebens bei irgendeinem Autorennen. Der 41 Jahre alte Allrounder ist beinahe jedes Wochenende im Renntempo unterwegs.
„Motorsport ist für mich mehr Passion als Job“


Die Familie, das sind seine Lebensgefährtin Elysia und der gemeinsame Sohn Gabin. Zusammen leben sie in Arzier, einem Dorf mit 3.000 Einwohnern in der Nähe von Genf. Ihr Haus ist äußerlich unscheinbar, bietet aber einen fantastischen Blick auf den Genfer See und ist für Romain Dumas der perfekte Rückzugsort vom stressigen Alltag. Motorsport spielt hier nur eine sehr untergeordnete Rolle, dafür sorgt nicht zuletzt Elysia. „Wir sind jetzt 17 Jahre zusammen, aber manchmal fragt sie mich immer noch, welches Auto für welches Team ich gerade fahre“, schmunzelt Dumas.
Auch für den Vollblut-Rennfahrer war die Karriere im Cockpit nicht immer klar. „Wenn es mit der Laufbahn als Profi-Motorsportler nicht geklappt hätte, wäre ich Segler geworden“, sinniert Dumas, der im Urlaub seine Zeit hauptsächlich auf dem Boot verbringt. „Am liebsten mit der Familie an der Côte d’Azur. Aber mehr als zwei Wochen am Stück halte ich nicht aus, dann muss ich wieder im Rennauto sitzen“, gesteht er mit einem Grinsen. Von den Eltern lernte Dumas Ehrlichkeit und Geradlinigkeit. „Ich hasse es, wenn Menschen, mit denen ich es zu tun habe, mir nicht offen ihre Meinung sagen oder mich hintergehen. Meine größte Schwäche ist wohl, dass ich nicht verzeihen kann“, erläutert Dumas, der Entscheidungen häufig aus dem Bauch heraus fällt.


Und topfit ist er auch. Im für einen Leistungssportler stattlichen Alter von 41 Jahren ist Romain Dumas durchtrainiert von Kopf bis Fuß. 62 Kilogramm verteilt auf 1,74 Meter. Überflüssige Pfunde? Fehlanzeige! Verantwortlich dafür ist intensives Ausdauertraining, im Sommer vor allem Jogging, im Winter Ski. Sogar zwei Marathonläufe hat Dumas schon bestritten. „Nur einen davon konnte ich beenden, aber meine Bestzeit liegt bei 3:14 Stunden“, sagt er nicht ohne Stolz. Ein Ergebnis, das auch auf gesunde Ernährung zurückzuführen ist. „Von Alkohol lasse ich weitgehend die Finger, selten gönne ich mir mal ein Glas Weißwein.“ Gut, ein Stück schwarze Schokolade darf es gelegentlich schon sein. So richtig über die Stränge schlägt Dumas aber höchstens außerhalb der Rennsaison im Winter. „Dann schlage ich so richtig beim Fondue Savoyarde zu“, verrät er seine Vorliebe für das besonders mächtige, aus drei verschiedenen Käsesorten bestehende Gericht.
Während er beim Essen die französische Küche klar der deutschen vorzieht, ist er beim generellen Vergleich der beiden Länder ein wenig hin- und hergerissen. „In Sachen Organisation macht den Deutschen niemand etwas vor. Aber ich bin mit Leib und Seele Franzose. Ich liebe meine Heimat und würde mich immer für unsere Art des genussvollen Lebens entscheiden“, bekräftigt Dumas. Manchmal nerve ihn allerdings die Bequemlichkeit einiger seiner Landsleute. Eine Eigenschaft, die so gar nicht auf Dumas zutrifft. „Selbst wenn ich zu Hause bin, arbeite ich viel. Elysia beschwert sich manchmal, weil ich ständig am Telefon hänge“, gibt Dumas Einblicke in das Leben eines Vollprofis. Für Fernsehen bleibt kaum Zeit, auch Kino steht selten auf dem Programm. Und so nennt Dumas einen Klassiker von 1988 als Lieblingsfilm: „Im Rausch der Tiefe“, Luc Bessons Meisterwerk über die Rivalität zweier Sporttaucher.

Sport spielt generell die größte Rolle in seinem Leben. Das war schon immer so. Angesprochen auf seine schulischen Leistungen wird er zwar kurz wortkarg, findet dann aber auch hier die passende Antwort: „Gut war ich nur in Sport und Mathematik. Aber das sind die beiden wichtigsten Voraussetzungen, um Rennfahrer zu werden. Du hast die nötige Fitness und kannst Geld zählen“, scherzt er. Diese Logik würde sicher auch Bernie Ecclestone gefallen, der milliardenschweren britischen Formel-1-Ikone. „Mit Bernie würde ich gerne mal einen Tag verbringen“, sagt Dumas.
Dass für Dumas die Formel 1 nie ein Thema war, bereut er nicht. „Der Motorsport kommt mir in der Formel 1 manchmal zu kurz“, sagt Dumas, der Jacky Ickx als seinen Lieblingsrennfahrer nennt. Motorsportliches Vorbild war und ist für Dumas aber ein Landsmann: Gérard Larrousse. „Jacky und Gérard haben Erfolge in vielen verschiedenen Motorsport-Disziplinen erreicht, das hat mir immer sehr imponiert“, erläutert Allrounder Dumas seine Wahl.
Viel Zeit verbringt Dumas nicht nur im Rennwagen, sondern auch im Straßenauto. „Aktuell fahre ich einen Volkswagen Touareg, aber mein erstes Auto war ein Fiat Uno“, erinnert sich der Franzose und betont sogleich: „Fahren gelernt habe ich mit dem ersten Golf GTI. Später folgten ein Golf II und ein Golf III.“ Auch als Rennfahrer fährt er seit beinahe zwei Jahrzehnten für deutsche Hersteller. Porsche. Audi. Volkswagen. Mit der Wolfsburger Marke macht er derzeit durch seine Rekordfahrten im rein elektrisch angetriebenen ID.R Schlagzeilen. Den Gesamtsieg inklusive neuen Streckenrekords beim Pikes Peak International Hill Climb 2018 bezeichnet Dumas als wichtigsten Erfolg seiner Karriere. „Dieses Bergrennen ist etwas ganz Besonderes für mich“, erklärt der viermalige Sieger des „Race to the Clouds“ im US-Bundesstaat Colorado. „Wenn man diese 19,99 Kilometer auf den 4.302 Meter hohen Gipfel absolviert hat, hat man das maximal mögliche Stresslevel erreicht. Danach ist alles andere im Leben einfach.“


Mit dieser Leichtigkeit geht Dumas auch die kommenden Aufgaben an. Ziele hat er noch genug. „Eines Tages möchte ich die Rallye Dakar gewinnen“, sagt der Rennfahrer. Und auch ein privater Wunsch steht irgendwie eng mit dem Motorsport in Verbindung: „Schweißen möchte ich gerne noch lernen, einen Überrollkäfig zum Beispiel“, sagt Dumas mit einem Lächeln, das an einen berühmten Schauspieler erinnert: Louis de Funès. Darüber, dass er optisch an den legendären französischen Komiker erinnert, kann Dumas herzlich lachen. „Schau mir ins Gesicht, ich könnte sein Sohn sein.“

10 x Deutschland oder Frankreich –
wie würden Sie entscheiden, Romain Dumas?
Berlin oder Paris?
Paris. Dort bin ich einen Marathon gelaufen und habe schöne Erinnerungen daran.
Nordsee oder Côte d’Azur?
Côte d’Azur. Am besten mit Familie und einem Boot.
FC Bayern München oder Paris Saint-Germain?
Ich interessiere mich nicht sehr für Fußball. Wenn ich mich entscheiden muss, dann München. PSG ist ohnehin mehr Katar als Frankreich.
Bratwurst oder Baguette?
Baguette. Die deutsche Küche ist generell nichts für mich.
Bier oder Wein?
Ich trinke generell wenig Alkohol, aber wenn, dann Weißwein. Ich mag keine Kohlensäure, daher scheidet Bier aus.
24h Nürburgring oder 24h Le Mans?
Unentschieden. Nürburgring, weil es die anspruchsvollste Rennstrecke der Welt ist. Le Mans, weil ich Franzose bin.
Deutsche Disziplin oder Savoir-vivre?
Sicher von beidem etwas, aber am Ende dann doch eher Savoir-vivre.
Diane Kruger oder Sophie Marceau?
Sophie Marceau.
Angela Merkel oder Emmanuel Macron?
Ich glaube, Deutschland steht politisch momentan etwas besser da als Frankreich. Also Merkel.
Volkswagen oder Peugeot?
Keine Frage, ich habe schon immer Volkswagen bevorzugt, bin Golf I gefahren und später auch Golf II und Golf III. Aktuell fahre ich einen Volkswagen Touareg.
